Welche Rohstoffarten werden für die handwerkliche Eisherstellung eingesetzt?

Wasser, Luft und Trockensubstanzen: Das sind vereinfacht ausgedrückt die Stoffe, aus deren Verbindung alle Sorten von Speiseeis entstehen. Diese Hauptbestandteile verändern beim Gefriervorgang ihre Struktur – mit dem Ergebnis, dass sich Eiskristalle, Fettkügelchen und Luftbläschen bilden. Je nach Auswahl der Rohstoffe und genauer Rezeptur entstehen verschiedene Sorten von Eis. Nachfolgend sind die wesentlichen Zutaten und Komponenten aufgeführt.

Wasser

Speiseeis besteht zu 60-65 % aus Wasser. Ohne Wasser wäre es nicht möglich, das Eis zu gefrieren – es ist daher ein ganz elementarer Bestandteil. Das heißt aber nicht, dass bei der Eisherstellung die anderen Zutaten mit diesem Anteil an Trinkwasser aufgefüllt werden. Es zählt auch das „versteckte“ Wasser, das in fast allen Rohstoffen enthalten ist, außer in der Trockenmasse. Molkereiprodukte wie Milch, Rahm und Butter sind Emulsionen aus Wasser und tierischem Fett, und auch Früchte und Fruchtzubereitungen bestehen zum Teil aus Wasser. Beim Gefrieren kristallisiert das Eis. Zu große Kristalle sind hierbei ebenso unerwünscht wie zu kleine Kristalle.

In seiner ganz reinen Form entsteht aus Wasser der typische Eiswürfel zum Kühlen von Getränken. Dieses pure gefrorene Wasser ist so kalt, dass die Zunge daran förmlich kleben bleibt und das Gefühl im Mund auf Dauer unangenehm ist. Beim Genuss von Speiseeis möchte sicher niemand das Gefühl haben, einen extrem harten, kalten Eiswürfel zu lutschen. Darum gehören unbedingt gelöste Trockensubstanzen ins Eis – aber davon auch wiederum nicht so viel, dass ein sandiges und trockenes Mundgefühl entsteht.

Milch

Bei Cremeeis, Sahneeis, Milcheis, Eiscreme und Fruchtcremeeis stammt der größte „Wasseranteil“ aus der Milch bzw. aus Milcherzeugnissen. Wird Milch zur Herstellung verwendet, dann ist damit kalkulatorisch grundsätzlich Kuhmilch mit mind. 3,5 % Fett gemeint. In den seltensten Fällen wird genehmigungspflichtige Rohmilch verwendet, meist kommt standardisiere Milch zum Einsatz: ultrahocherhitzte H-Milch oder pasteurisierte Frischmilch. Für H-Milch spricht die ungekühlte Lagerfähigkeit, welche die Vorratshaltung vereinfacht.

Wird zur Herstellung Milch mit reduziertem Fettgehalt (1,5 %) oder Kondensmilch benutzt, gestaltet sich die Rezeptur etwas komplizierter. Bei fettarmer Milch muss Fett aus Sahne oder Butter ergänzt werden, bei Kondensmilch gilt es, den höheren Fett- und/oder Zuckergehalt zu berücksichtigen.

Luft

In jedem Speiseeis verbirgt sich eine gehörige Menge Luft. In handwerklich hergestelltem Eis ist der ideale Luftanteil um einiges geringer als im Industrieeis, was an den besonderen Industrie-Rezepturen und am industriellen Herstellungsverfahren liegt. Als wichtiger Baustein trägt der optimale Luftanteil entscheidend dazu bei, dass Eis schön cremig locker ist und angenehm kalt statt eisig kalt schmeckt. Nur weil während des Gefriervorgangs in der Eismaschine Luft gleichmäßig eingearbeitet wird, verteilen sich die Wasser- und Fettmoleküle im Eismix wie gewünscht und das Volumen nimmt zu. Dieser Effekt nennt sich in der Fachsprache Overrun oder Aufschlag. Um diese Volumenzunahme in die Berechnung miteinzubeziehen, müssen die Zutaten grundsätzlich abgewogen werden. Das Litermaß ist ungeeignet.

Trockenmasse

Trockene Bestandteile werden hinzugefügt, damit sie die Flüssigkeit binden und die Gefrierfähigkeit senken. Sie tragen wesentlich dazu bei, dass der „Eiswürfeleffekt“ ausbleibt, indem sie sich in der Flüssigkeit verteilen und dem Eis die gewünschte Struktur geben, die der Gaumen als angenehm empfindet. Je nach Eissorte sind verschiedene Rohstoffe als Trockenmasse geeignet und zugelassen. Im Idealfall sollte der Anteil an Trockenmasse 35-38 % betragen, um beste geschmackliche Ergebnisse zu erzielen. In die Berechnung der Trockenmasse müssen auch Zutaten wie Eier, Fett, Kakao und diverse Molkereiprodukte einfließen, die indirekt ebenfalls Trockenmasse liefern. Die Speiseeisverordnung erlaubt verschiedene Milchrohstoffe sowie Hilfs- bzw. Füllstoffe und Geschmacksstoffe, die bei der Herstellung von Eis als Trockenmasse hinzugefügt werden dürfen. Die meisten trockenen Bestandteile liefern aber die Süßungsmittel, insbesondere die Zuckerarten.

Süßungsmittel

Es gibt mehrere Zuckerarten, die unterschiedlich intensiv süßen. Genauso wichtig wie die Süßkraft ist das Wasserbindevermögen der einzelnen Süßungsmittel. Gebundenes Wasser wirkt wie eine Art Frostschutz. Obwohl es im Zusammenhang mit Eis zunächst paradox klingen mag, ist genau diese gefrierhemmende Wirkung beim Gefrieren von Speiseeis erwünscht. Denn dadurch bleibt das Eis angenehm geschmeidig. Zu viel Süße (über 24 % Zuckerzugabe) ist allerdings ebenso unerwünscht und nachteilig wie zu wenig (unter 14 %Zuckerzugabe). Neben normalem Kristallzucker werden bei der Eisherstellung weitere Zuckerarten verwendet, um Süße, Festigkeit und Gesamtgeschmack des fertigen Eises zu beeinflussen. Dies sind vor allem Saccharose, Dextrose, Glukosesirup und Honig. Industriell produzierter Invertzucker wird wegen seiner extrem gefrierhemmenden Eigenschaft zur im Rahmen der handwerklichen Eisherstellung kaum eingesetzt. Bei der Berechnung der Eisrezepturen sollte auch dem in der Milchtrockenmasse „versteckten“ Milchzucker (Laktose) Beachtung schenken: Zur Hälfte besteht Milchtrockenmasse aus Milchzucker.

Saccharose

Saccharose ist der handelsübliche Kristallzucker und dient als Maßstab für 100%ige Süßungskraft und 100%ige Herabsetzung des Gefrierpunkts. Versteckte Saccharose ist auch in anderen Zutaten inklusive Fruchtpasten enthalten, was dazu führen kann, dass aufgrund des zu hohen Gesamtzuckergehalts das Eis zu weich bleibt. Im umgekehrten Fall, wenn der Gesamtzuckergehalt zu niedrig ist, entsteht ein zu hartes Eis. Der Austausch von günstiger Saccharose gegen andere, meist teurere Süßungsmittel hilft bei einem Ausgleich zwischen den erwünschten und unerwünschten Wirkungen von Zucker. Doch aufgepasst: Maximal ein Viertel Saccharose sollte ersetzt werden, andernfalls gefriert das Eis nicht mehr richtig.

Dextrose

Dextrose (Traubenzucker) hat als pulverförmiger Einfachzucker eine geringere Süßungskraft (70 %). Das Süßungsmittel senkt den Gefrierpunkt stärker (130 %) als Saccharose und verzögert die Rekristallisierung. Eine Zugabe von Dextrose kann das fertige Eis feinporiger und cremiger machen, ohne dass es extrem süß schmeckt.

Glukose

Bei Glukose handelt es sich ebenfalls um Traubenzucker, allerdings mit noch geringerer Süßungskraft (50-60%) bei zugleich 100%iger Senkung des Gefrierpunkts. Angeboten werden Glukosesirup und Trockenglukose. Weil Letztere sich wesentlich besser und hygienischer verarbeiten lässt als der klebrige Sirup, wird bei der handwerklichen Eisherstellung überwiegend mit Trockenglukose gearbeitet. Bei Fruchteis wirkt das Süßungsmittel Glukose sowohl stabilisierend als auch emulgierend und somit qualitätsverbessernd.

Honig und Ahornsirup

Gezielt eingesetzt können der intensiv schmeckende Honig und der mildere Ahornsirup durchaus eine geeignete Alternative zu Saccharose und Dextrose oder Glukose sein. Am ehesten kommen sie als zusätzliche Süßungsmittel in Betracht, nicht als alleinige Zuckerart. Aufgrund der natürlichen Schwankungen bei den Zuckeranteilen gelten Honig und Ahornsirup als Faktoren, welche die Berechnung einer Eisrezeptur erschweren.

Zuckerspindel und Refraktometer

Als Hilfsmittel zur exakten Bestimmung des Zuckergehaltes eines Mixes für Fruchteis und Sorbets, bei dem auch der natürliche Fruchtzuckergehalt ermittelt werden muss, eignen sich Zuckerspindel (Baumé-Waage) und Refraktometer. Die Zuckerspindel liefert im Vergleich mit der Refraktion weniger genaue Ergebnisse, ist aber in der Anschaffung deutlich preiswerter als das optische Messinstrument. Daher verwenden die meisten professionellen Eishersteller ein Refraktometer (Messung des Zuckeranteils in % Brix), während für den „Hausgebrauch“ auch das Ablesen des Baumé-Werts (Bé) auf der Skala der Zuckerspindel ausreicht. Als optimale Werte gelten 28-32 % Brix bzw. 17 Bé, ermittelt bei einer Messtemperatur von 20 °C. Dazu wird der Zucker in warmem Wasser aufgelöst. Früchte kommen vor der Messung hinzu, Bindemittel und Milch oder ähnliche nicht klare Flüssigkeiten werden erst nach der Messung hinzugefügt.

Fett

Fett ist ein wirkungsreicher Geschmacksträger, der Speiseeis sahnig abrundet, ihm einen angenehm vollen „Körper“ verleiht und bei einem Anteil von bis zu 10 % auch die Ausbildung von mehr Volumen optimal unterstützt. Alle Eissorten außer Fruchteis und -sorbets enthalten Fett – wie viel, ist abhängig von der Sorte und von der Rezeptur. Ob Eis fettreicher oder fettärmer ist, hängt von regionalen und länderspezifischen Vorlieben ab. In Deutschland gelten 6 – 10% Fett als optimal, südeuropäisches (insb. italienisches) Eis ist meist süßebetonter und weniger fettreich und in skandinavischen Ländern ist ein höherer Fettanteil üblich. Noch fettreicher ist nur Eis in den USA, wo manche Eissorten einen Fettgehalt von mehr als 20 % aufweisen. Normalerweise stammt das Fett aus der eingesetzten Milch. Auch Nüsse sind fettreich (z. B. bei Haselnusseis). Wird der optimale Fettanteil nicht erreicht, wird häufig tierisches Fett in Form von reiner Butter oder Sahne (Milchfett) zugesetzt. Speiseeis mit pflanzlichen Fetten wie Kokosfett, Margarine oder Rapsöl muss extra als „Eis“ deklariert werden.

Füllstoffe

Füllstoffe ergänzen die Trockenbestandteile und sind häufig erforderlich, um den Eismix zu optimieren. Ist zu wenig Trockenmasse vorhanden, kann Magermilchpulver (MMP) bzw. Vollmilchpulver dem Eismix hinzugefügt werden, bis dieser sich dem technologisch optimalen Wert von 35 – 39 % annähert. Da die Qualität des handelsüblichen MMP unterschiedlich ist, erweist sich nicht jedes Produkt als geeignet. Für die Eisherstellung sollte das Pulver kalt löslich, fast farblos und möglichst fein sein. Zudem muss der hohe Laktosegehalt (Milchzucker) von rund 50 % mit entsprechend hoher Wasserbindefähigkeit bei der Berechnung der Rezeptur beachtet werden. Das Maximum der Zugabe beträgt daher 11,5 % (ca 6 % Laktose). Obwohl Vollmilchpulver ebenfalls als Füllstoff geeignet ist, sprechen dessen kürzere Haltbarkeit und der höhere Feuchtigkeitsanteil von 4 % meist für MMP. Alternativ bzw. zusätzlich kann das aus der Zichorien- oder Chicorée-Wurzel gewonnene Inulin als rein natürlicher, pflanzlicher Füllstoff zugesetzt werden. Bei fettfreiem Fruchteis ist es schwer umsetzbar, den erwünschten Trockenmasseanteil mit Füllstoffen zu erreichen. Mit einer cleveren Eisbilanzierung ist es jedoch erfreulicherweise möglich, auf Emulgatoren-Pasten (Mono-/Diglyceride) beim Gefrieren zu verzichten. Bei der handwerklichen Eisherstellung sind solche deklarationspflichtigen Zusatzstoffe nämlich nicht gern gesehen.

Bindemittel

Johannisbrot- und Guarkernmehl, Agar-Agar, Traganth, Carboxymethylcellulose, Methylcellulose, Pektin, Alginsäure, Calcium-, Natrium-und Kaliumalginat und Carrageen sind zur Eisherstellung zugelassene Bindemittel. Sie stabilisieren beim Aufquellen den flüssigen Eismix und bewirken, dass er angedickt wird. Eisbindemittel dürfen jedoch nicht einfach nach Belieben zugegeben werden, da sie ein Vielfaches ihres Eigengewichtes an Wasser binden können. Aus diesem Grund gibt es gesetzliche Vorgaben für die maximalen Mengen der einzelnen Rohstoffe. Das gilt auch für die rein natürlichen Stoffe Johannisbrotmehl und Guarkernmehl. Die Kombination dieser beiden natürlichen Bindemittel hat sich bewährt, wobei zu berücksichtigen ist, dass deren Bindekraft natürlichen sortenabhängigen Schwankungen unterliegt.

Prozentuale Bindemittel-Höchstmengen

  • Agar-Agar: 0,16 %
  • Pektin, Alginsäure, Calciumalginat, Natriumalginat, Kaliumalginat, Carrageen: 0,3 %
  • Guarkernmehl: 0,4 %
  • Methylcellulose, Carboxymethylcellulose: 0,5 %
  • Johannisbrotkernmehl, Traganth: 0,6 %

Ei

Die Verwendung von Hühnerei bzw. Hühnereigelb zur Eisherstellung hat mindestens so viele Kritiker wie Befürworter. Eier enthalten Fett, Protein und Lecithin. Unumstritten ist der stabilisierende Effekt von Protein, ebenso unstrittig ist die Wirkung von Lecithin als Emulgator. Daher gehörte Eidotter bis vor Kurzem fast standardmäßig in die Eisrezeptur und es gibt immer noch gute Gründe, die für die Verwendung von Ei in Kombination mit Butter oder pflanzlichem Fett sprechen. Aus gesundheitlicher Sicht ist die Zugabe von Ei in trockener oder frischer Form wegen des hohen Fettgehalts allerdings weniger empfehlenswert. Da nur in Cremeeis gemäß der Leitsätze zwingend Vollei oder Eigelb enthalten sein muss, ist es bei anderen Eissorten problemlos möglich, Ei durch andere Stabilisatoren oder Bindemittel zu ersetzen.

Schreibe einen Kommentar

Cookies helfen bei der Optimierung unserer Angebote. Durch die Nutzung dieser Website stimmen Sie der Cookie-Nutzung zu. Weitere Informationen

Die Cookie-Einstellungen auf dieser Website sind auf "Cookies zulassen", um Ihnen das beste Surferlebnis möglich zu geben. Wenn Sie diese Website ohne Änderung Ihrer Cookie-Einstellungen zu verwenden fortzufahren, oder klicken Sie auf "Akzeptieren" unten, dann erklären Sie sich mit diesen.

Schließen